Botanik

Über die Beständigkeit des Küsten­-Mammut­baums

Zitat

Die Geschichten, die uns diese Bäume erzählen können, finde ich mehr als faszinierend.

Ranga Yogeshwar, Wissenschaftsjournalist und Autor
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Text

Sie durften aus unseren Objekten ein Lieblingsobjekt auswählen – was hat für die Küsten-Mammutbaumscheibe gesprochen?

Ranga Yogeshwar:
Eine Erfahrung, die ich in den Redwood Forests in Kalifornien gemacht habe. Dort gibt es auch diese großartigen Bäume, deren Jahresringe uns eine fantastische Geschichte der Beständigkeit erzählen. Wir leben heute in einer Welt, in der sich vieles sehr schnell verändert. Was gestern noch wichtig und richtig war, erscheint uns heute mitunter fast schon überflüssig. Bäume wie der Küstenmammutbaum bilden einen Kontrapunkt, stehen für Beständigkeit. Sie zeigen uns, dass es in der Natur Konstanten gibt, die weit über unsere hektische Zeit hinausreichen. Und diesen Kontrast zwischen Konstanz und Wandel finde ich total faszinierend.

Was fasziniert Sie noch an diesem Objekt?

Die Geschichten, die uns diese Bäume erzählen können, finde ich mehr als faszinierend. Anhand der Jahresringe können wir sehr gut ablesen, was zu welchem Zeitpunkt passiert sein muss. Das sind Kalendereinträge! Wir können Naturereignisse wie Eiszeiten an Baumringen ablesen, eingeschlossene Elemente extrahieren und analysieren – und so verstehen, wie sich Phänomene langfristig entwickelt haben. Wahrscheinlich könnten wir bei ausreichend alten Bäumen die gesamte industrielle Revolution mit all ihren guten, aber eben auch schlechten Seiten an den Ringen alleine ablesen.

Was verbindet Sie mit diesem Objekt?

Ich denke da an den großartigen Familienurlaub in den Redwood Forests, wo wir die „Cousins“ dieses Baumes bewundert haben. Oder an die Bedeutung der Bäume in Indien, wo ich meine Kindheit verlebt habe. Oft formierten sich dort die Dörfer um einen Baum. Sie waren das Zentrum des Dorfes, weil sie Kühle spendeten. Und weil die Orte, an denen diese uralten Bäume so lange überlebt haben, besondere Orte sein müssen, die genau diese Kontinuität erlauben. Diese alten Bäume sind also Indikatoren für besondere Orte.

Was haben Sie mit dem Objekt gemeinsam?

Für mich ist es ganz wichtig, dass ich eine innere Verbindung, einen direkten Draht habe zu den Dingen, die mich umgeben. In meinem Büro besteht beispielsweise das gesamte Mobiliar, sprich Schrankwand und Schreibtisch, aus einem einzigen Nussbaum, von dem ich genau weiß, wo er herkommt. Diese Verbindung zum echten, massiven Holz ist mir wichtig – und dass es eben kein Pressspan oder Holzimitat ist.

Wenn Ihnen das Objekt gehören würde, was würden Sie damit machen?

Ich wüsste, wo ich die Baumscheibe hinstellen würde. Sie wäre für mich ein Stück Kunst. Sie würde an die Vergänglichkeit erinnern, die wir auch alle erleben, an die Jahre, an dieses ewige Auf und Ab.

Welche Bedeutung hat das Objekt Ihrer Meinung nach für die Menschheit?

In Zeiten, in denen das Hier und Jetzt immer wichtiger wird und die Vergangenheit, also die Geschichte, an Bedeutung verliert, zeigt ein Baum die Einzigartigkeit einer Zeit, eines Ortes. Der Baum ist nicht austauschbar. Das kann uns heutzutage, wo wir im Digitalen ja eigentlich den Ort verlieren, wieder zu uns selbst zurückführen. Das ist ja auch etwas, was jeder von uns erlebt, wenn er in die Natur geht, dass er in gewisser Weise eine Verwandtschaft spürt.

Biographie von Ranga Yogeshwar

Ranga Yogeshwar wurde 1959 in Luxemburg als Sohn eines indischen Ingenieurs und einer luxemburgischen Künstlerin geboren. Seine frühe Kindheit verbrachte er überwiegend in Indien. Nach dem Abitur in Luxemburg studierte er Experimentelle Elementarteilchenphysik und Astrophysik und arbeitete am Schweizer Institut für Nuklearforschung (SIN), am CERN in Genf und am Forschungszentrum Jülich.

Ranga Yogeshwar begann seine journalistische Laufbahn 1983, zunächst bei verschiedenen Verlagen, dann im Bereich Hörfunk und Fernsehen. 1987 wurde er Redakteur beim Westdeutschen Rundfunk Köln und leitete später das Ressort Wissenschaft. Seit 2008 arbeitet Ranga Yogeshwar als unabhängiger Journalist und Autor. Er zählt zu den führenden Wissenschaftsjournalisten Deutschlands und entwickelte und moderierte zahlreiche TV-Sendungen u.a. „Kopfball“(ARD), „Quarks&Co“(WDR) und „Die große Show der Naturwunder“ (ARD). Yogeshwar schreibt regelmäßig Beiträge in den führenden Zeitungen und ist gern gesehener Experte in zahlreichen Talkshows. Seine Bücher „Sonst noch Fragen?”, „Ach so!“ oder „Nächste Ausfahrt Zukunft“ avancierten schnell zu Bestsellern und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Yogeshwar erhielt über 60 Fachpreise und wurde vielfach ausgezeichnet, so etwa mit der Ehrendoktorwürde der Universität Wuppertal, dem Bundesverdienstkreuz der BRD, dem Verdienstorden des Landes NRW und dem Ordre de Mérite du Grand-Duché de Luxembourg.

Ranga Yogeshwar ist Vater von 4 Kindern und lebt mit seiner Familie in der Nähe von Köln.

 

Stand: September 2020

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