Der Reiz der Zerstörung

Beschreibung

Für Touristen am Vesuv sind Münzen in Lavaklumpen lediglich unge­wöhnliche Souvenirs und Mitbringsel aus dem Urlaub. Doch was in diesem Fall künstlich erzeugt wird, das schafft die Natur auch alleine: Sie konserviert durch Vulkanausbrüche die Lebenswelt und erlaubt so noch Jahrtausende später Rückschlüsse auf den Alltag von Menschen, die bei einem Ausbruch starben.

Der katastrophale Vesuv-Ausbruch des Jahres 79 n. Chr. kostete knapp 5.000 Menschen das Leben – aber ihre Welt blieb uns teilweise erhalten. So fanden Forschende in den Ruinen des kleinen Ortes Herculaneum verkohlte Brotlaibe und in intakten Tongefäßen sogar Bohnen, Oliven, Datteln, Granatäpfel, Getreide und Knoblauch.  

Als im Mai 1902 auf der französischen Karibikinsel Martinique die Montagne Pelée ausbrach und Glutwolken die Hafenstadt Saint-Pierre bis auf die Grundmauern zerstörten, verwandelte sich das tropische Paradies binnen weniger Minuten in einen Friedhof für knapp 30.000 Menschen. Doch zwischen den Trümmern wurden auch dort Alltagsgegenstände gefunden, die Geschichten erzählen. So barg man Porzellanteller mit eingebranntem Essen, Weingläser und zerschmolzene Kerzenleuchter. Die kupfernen Telegraphendrähte jedoch schienen unbeschädigt zu sein. Daraus schloss man, dass die Temperatur der Glutwolken knapp unter der Schmelztemperatur des Kupfers (1.084 °C) gelegen haben muss.   

An der Montagne Pelée, am Vesuv oder anderswo: Als „Zeitzeugen der Katastrophe“ erlauben solche Funde Forschenden der Vulkanologie, Archäologie und Anthropologie einzigartige Einblicke in die Lebensgewohnheiten der Menschen in den Momenten vor bzw. während den jeweiligen Ausbrüchen.

Quellen

Meyer, F.G. (1980). Carbonized Food Plants of Pompeii, Herculaneum, and the Villa at Torre Annunziata. Economic Botany, 34(4), 401-437.

Nicholson, R., Robinson, J., Robinson, M., & Rowan, E. (2018). From the Waters to the Plate to the Latrine. Fish and Seafood from the Cardo V Sewer, Herculaneum. Journal of Maritime Archaeology, 13, 263-284.

Robinson, M., & Rowan, E. (2015). Roman Food Remains in Archaeology and the Contents of a Roman Sewer at Herculaneum. In J. Wilkins, & R. Nadeau (Hrsg.), A Companion to Food in the Ancient World (105-115). John Wiley & Sons.

van Rose, S. (2003). Vulkane. Feuerspeiende Berge, Erdbeben, Geysire. Sehen. Staunen. Wissen. Hildesheim, Deutschland: Gerstenberg.

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