Der Fluch der Meerjungfrau?

Beschreibung

Bei Arbeiten am Rheinufer im heutigen Karlsruher Stadtteil Daxlanden entdeckten 1802 Arbeiter einen Fund, den sie für den Schädel einer Meerjungfrau hielten. Zwei Männer brachten den Schädel für eine Belohnung zum Kurfürsten nach Karlsruhe, wobei einer der Männer am darauf folgenden Tag im Rhein ertrank.

Die Gegebenheit beschreibt Gmelin, der erste Leiter des Naturkundemuseums Karlsruhe, in einem Manuskript: „Den 25sten October 1802 wurde onweit Daxland eine Stunde von Carlsruh in der Mitte des damals wegen auserordentlicher anhaltender Tröckene, Wasserleeren trocken gelegenen Rheinbeetes […] nur wenige Zolle also ganz oberflächlich im Rheinbeete ein auffallend großer Kopf von den Arbeitern ausgegraben […]. Zwey Männer verstunden sich, das Rheinwunderthier abzuwaschen und alsdenn wurde ein starker Stab genommen an den die Beute aufgehängt und gemeinschaftlich auf den Achseln dieser Männer getragen wurde, zum Unglück brach aber ein Stück los, und der Kopf wurde alsdenn in einen weiten langen Sack gepackt und so ins fürstliche Schlosgebäude dem Durchlauchtigsten Fürsten überbracht, der die Männer beschenkte“ (Mayer, 1971, S. 157-158). Als Gmelin am nächsten Tag an der Fundstätte nach weiteren Resten suchen wollte, empfangen ihn die Arbeiter allerdings „mit Wehklagen für einen jungen Mann, der kaum eine Viertelstunde ehe [Gmelin ankam] in den Fluß wo er am tiefsten ist, aus Unvorsichtigkeit stürzte“ (Mayer, 1971, S. 158). Auf der Suche nach einem der „zwey Männer [, die am Tag zuvor den] Kopf nach Carlsruh gebracht hätten [, erfuhr Gmelin,] daß eben einer von diesen Männern ertrunken seye, und der andere sich auf dem Schiff befinde um den Ertrunkenen aufsuchen zu helfen“ (Mayer, 1971, S. 158). Es ist allerdings davon auszugehen, dass der Sturz nicht wegen des Fluchs der Meerjungfrau, sondern eher aufgrund der Feierlichkeiten, die durch das fürstliche Trinkgeld ermöglicht wurden, passierte – auch weil es sich in Wahrheit nicht um den Schädel einer Meerjungfrau, sondern um den eines Waldnashorns (Stephanorhinus kirchbergensis) handelt.

Quellen

Mayer, G. (1971). Beiträge zur Geschichte der Badischen Landessammlungen für Naturkunde in Karlsruhe. III. Der Schädel des Dicerorhinus mercki (kirchbergensis) (JÄGER) var. brachycephalus SCHROEDER von Daxlanden und seine Geschichte. Beiträge zur naturkundlichen Forschung in Südwestdeutschland, 30(2), 157-163.

Rietschel, S. (Hrsg.). (1985). Vom Naturalienkabinett zum Naturkundemuseum 1785-1985. Karlsruhe: Landessammlungen für Naturkunde Karlsruhe

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