Im Wasser versteinert

Versintertes Vogelnest
Beschreibung

Gut zu erkennen sind die filigran verbauten Äste und Grashalme – in mühevoller Kleinarbeit herangetragen von den Vogeleltern. Aber wie konnte das Nest so originalgetreu erhalten bleiben? Die kurze Antwort: Es fiel ins Wasser. Die etwas längere Antwort muss zunächst einmal erwähnen, dass es vergleichsweise hartes Wasser war, also solches mit einem hohen Anteil an Calcium- und Magnesiumcarbonat.

In stark kalkhaltigem Grundwasser können die Minerale aufgrund des hohen Drucks, der auf der Flüssigkeit lastet, gelöst sein. Sobald das Wasser aber einen Quellaustritt erreicht und zu Tage tritt, kommt es zu einer Druckentlastung. Dabei geht das Kohlenstoffdioxid (CO2) an die Luft verloren, wodurch der pH-Wert des Wassers sinkt – das Wasser wird also etwas saurer. Durch den geringeren Druck wird auch die Löslichkeitsgrenze der Minerale überschritten. Das Wasser ist nun „übersättigt“ und die Minerale, insbesondere Calcit, fallen aus. Die Evaporation, also die Verdunstung, fördert diesen Prozess noch, da dadurch der Mineralgehalt in abnehmender Wassermenge steigt. Das vormals gelöste Calciumhydrogencarbonat wandelt sich zu Kohlenstoffdioxid (CO2) und Calciumcarbonat (CaCO3) um, das dann im Bereich der Quelle als Kalktuff Ablagerungen bildet – beispielsweise in Form von Terrassen oder tropfsteinartigen Gebilden. Und damit sind wir wieder bei unserem steinernen Nest: In einen solchen übersättigten Quellteich fiel das Vogelnest und wurde von Calcit überzogen.

Quellen

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Brogi, A., Capezzuoli, E., Alçiçek, M. C., & Gandin, A. (2014). Evolution of a fault-controlled fissure-ridge type travertine deposit in the western Anatolia extensional province: the Çukurbağ fissure-ridge (Pamukkale, Turkey). Journal of the Geological Society, 171(3), 425-441.

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