Das Konzept der Hilfswissenschaften kennt man eigentlich aus der Geschichtsforschung. Der Kanon dieser Spezialdisziplinen dient dazu, Quellen unterschiedlicher Art für die inhaltliche Auswertung aufzubereiten. So beschäftigt sich beispielsweise die Sphragistik mit Siegeln, die Numismatik mit Münzen und die Filigranologie mit Wasserzeichen.
Doch auch viele Naturwissenschaften – im vorliegenden Fall die Ornithologie (Vogelkunde) – sind auf die vermeintliche „zweite Garde der Disziplinen“ angewiesen. Für unser versintertes Sammlungsobjekt sind insbesondere die Oologie (Vogeleierkunde) sowie die Kaliologie (Vogelnestkunde) interessant. Durch die originalgetreue Erhaltung im Kalküberzug erlaubt das Nest Fachleuten, Rückschlüsse auf seine Erbauer zu ziehen.
In der Mulde des Nestes ist zudem eine eiförmige Kuhle mit etwa einem Zentimeter Durchmesser eingedrückt und ausgehärtet. Es ist unzweifelhaft, dass an dieser Stelle ein Ei lag, das beim Sturz des Nestes vermutlich herausgefallen ist. Für den tiefen Eindruck gibt es zwei mögliche Erklärungen: Entweder wurde das Ei während des Brütens durch die Vogeleltern in das sehr weiche, eventuell moosige Material gepresst. Oder es handelte sich um ein Ei, aus dem kein Küken geschlüpft ist, weswegen es im Nest verblieb und auf dem anschließend das Gewicht der geschlüpften Jungvögel lastete.
Baldamus, E. (1869). Kaliologische und oologische Studien. Journal für Ornithologie, 17, 1(2), 403-408.
Cole, E. (2016). Blown out: The science and enthusiasm of egg collecting in the Oologists’ Record, 1921-1969. Journal of Historical Geography, 51, 18-28.
von Madaràcz, J. (1905). Beschreibung einiger bisher unbekannter oder weniger bekannter Vogelnester und Eier. Zeitschrift für Oologie und Ornithologie, 15(2), 17-20.