Vom Schuh bis zur Windel: Klettverschlüsse erleichtern unser Leben. Auch Libellen nutzen eine Art Klettverschluss, andernfalls würden sie Kopf und Kragen riskieren – zum Beispiel, wenn sie fressen oder sich paaren.
Aber der Reihe nach… Anfang der 1940er Jahre geht der Schweizer Ingenieur de Mestral mit seinem Hund spazieren. Dabei fallen ihm kleine Kügelchen auf: Kletten, die sich im Fell seines Vierbeiners verfangen haben. De Mestral sammelt die anhänglichen Früchte aus dem Fell seines Hundes und untersucht sie später unter dem Mikroskop. Er entdeckt, dass kleine Häkchen die Kletten so anhänglich machen. Klette und Hundefell, nach diesen Vorbildern entwickelt der Ingenieur ein Verschlusssystem, das auf der einen Seite Häkchen, auf der anderen Schlaufen besitzt – den Klettverschluss.
Weil ihr Hals eine ziemlich fragile Angelegenheit ist, bedienen sich auch Libellen und Kleinlibellen wie die Glänzende Binsenjungfer (Lestes dryas) einer Art Klettverschluss. Mit seiner Hilfe können sie ihren riesigen, beweglichen Kopf starr am Körper festmachen und so verhindern, dass er bei starker mechanischer Beanspruchung abreißt. Der Libellen-Klettverschluss kommt zum Beispiel beim Verzehr großer Beute zum Einsatz, aber auch wenn sich Libellen paaren: Dabei hält das Männchen das Weibchen nämlich ausgerechnet am Kopf fest. Damit das Libellenweibchen die Paarungsakrobatik unbeschadet übersteht, verankert sie ihren Kopf zusätzlich mittels Klettverschlusssystem an ihrem Körper.
Beim Libellen-Klettverschluss gibt es allerdings keine Häkchen und Schlaufen. Die beiden Seiten des Libellen-Klettverschlusses sehen gleich aus: mikroskopisch kleine Stiele, an deren Ende je nach Libellenart entweder Halbkugeln, Zapfen oder Platten sitzen. Diese kleinen Strukturen sitzen gewissermaßen im Nacken der Libelle und geben festen Halt, wenn sie ineinandergreifen. Sobald diese Verbindung nicht mehr nötig ist, löst die Libelle sie einfach wieder.
Auch das geniale Verschlussprinzip der Libellen haben findige Forscher längst abgekupfert und einen Klettverschluss konstruiert, bei dem kleine Halbkugeln auf kurzen Stielen ineinandergreifen. Im Vergleich zum herkömmlichen Klettverschluss mit Häkchen und Schlaufen, ist der Libellen-Klettverschluss viel stärker, wesentlich belastbarer und kann tausendfach geöffnet und geschlossen werden. An Schuhen und Windeln sucht man den Libellen-Klettverschluss allerdings vergeblich – man setzt ihn vor allem bei schweren Lasten, zum Beispiel bei Fahrzeugen oder im Bau ein.
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Gorb, S.N. (2001). Dragonfly and damselfly head-arresting system. Attachment Devices of Insect Cuticle, 89-100.
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