Einhörner am Oberrhein?

  • Stoßzahnfragment Wollhaarmammut
  • Mammuthus primigenius
Beschreibung

Im Jahr 1750 wurden bei Efringen in Südbaden durch einen Starkregen die Skelettteile eines „Einhorns“ freigespült. Der Küfer Hans Jakob Estlinbaum fand am Fuße eines Berges etwas, das ihn an ein Pferd erinnerte. Aus Neugier grub er tiefer und „entdeckte ein Horn, das in den Berg hineinging, ungefähr 4 Schuh lang und eines starken Mannes Arm dick; hinter demselben, etwas tiefer, lagen große Zähne […], nahe dabei waren verschiedene Knochen […]. Das Horn selbst wurde in Stücke zerbrochen verteilt und hin und wieder verkauft und verschenkt“ (Jörg, 1962, S. 4). So gelangten die Fragmente dieses „Horns“ in die umliegenden Apotheken.

Mit einem Schreiben vom 3. Februar 1751 wurde dem Markgrafen Karl Friedrich von dem Fund berichtet. Daraufhin ordnete er per Dekret an, dass alle noch vorhandenen Stücke in die markgräflichen Sammlungen gebracht werden: Die „kuriosesten“ Stücken sollten dem Naturalienkabinett zugeführt, eines in die Hofapotheke gebracht und der Rest in die Hofbibliothek geliefert werden. Allerdings ist nicht gesichert, dass unser Sammlungsstück auch wirklich vom Efringer Fund stammt. Recherchen zufolge erhielt es die Markgräfin Caroline Luise im Jahr 1752 von einem Straßburger Apotheker. Somit ist es eines der ältesten Stücke unserer Sammlungen.

Natürlich handelt es sich bei dem Sammlungsobjekt nicht wirklich um das Horn eines Einhorns. Einhörner sind lediglich Fabelwesen, denen im Volksglauben Wundersames nachgesagt wurde. Bei dem „Horn“ des Efringer Einhorns handelt es sich in Wahrheit um den Stoßzahn eines Wollhaarmammuts. Diese Elefantenart durchstreifte Eurasien und Nordamerika bis zum Ende der letzten Kaltzeit vor ca. 10.000 Jahren. In den 1750er Jahren war das Wollhaarmammut allerdings noch unbekannt. Erst 1799 folgte die wissenschaftliche Erstbeschreibung des Wollhaarmammuts durch Johann Friedrich Blumenbach.

Quellen

Abel, O. (1939). Vorzeitliche Tierreste im deutschen Mythus, Brauchtum und Volksglauben. Jena, Deutschland: Gustav Fischer.

Blumenbach, J.F. (1799). Handbuch der Naturgeschichte. Göttingen, Deutschland: JC Dieterich.

Jörg, E. (1962). Das Einhorn im Volksglauben. Beiträge zur naturkundlichen Forschung in Südwestdeutschland, 21(1), 3-5.

Rietschel, S. (Hrsg.). (1985). Vom Naturalienkabinett zum Naturkundemuseum 1785-1985. Karlsruhe: Landessammlungen für Naturkunde Karlsruhe

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